Johann Junker, Prof der Medicin (1679-1759)

Junkersche Balsamische Pillen

J.Ch.W. Junker, Rezeptur in Versuch einer allgemeinen Heilkunde zum Gebrauche akademischer Vorlesungen 1788
J.Ch.W. Junker, Rezeptur in Versuch einer allgemeinen Heilkunde zum Gebrauche akademischer Vorlesungen 1788

 

Die vom Enkelsohn veröffentlichte Bereitungsart der Junkerschen balsamischen Pillen waren ein Beiweis seiner aufklärerischen Gesinnung und sollten zum Nutzen der gesammten Ärzteschaft und der Volksgesundheit beitragen.

Die in seinem Buch gemachten Angaben zur Rezeptur werden hier zur Veranschaulichung noch einmal genauer betrachtet.

 

Inhahltsstoffe:

 

als Pulver werden angegeben:

Gummi des Wacholders, Myrrhe, Bernsteinpulver, und Jalappenpulver

 

als Kräuter werden angegeben:

Erdrauch, Cardobenedicten, Wermuth, Löffelkraut

 

Vorschrift zur Herstellung der balsamischen Pillen:

 

Die Kräuter sollten gereinigt und von Ästen befreit werden und dannach jeweils 20 Kannen Landwein auf 12 Körbe Kräuter gegossen werde. Nach 3-4 Tage Lagern werden die

Kräuter in Säcke gebracht und ausgedrückt. Die Kräutermasse wird nochmals mit heißem Wasser begossen und wiederum 3 Tage stehen gelassen. Das Wasser wird erneut herausgpresst und dem Saft zugegeben.

Auf den erwärmten Extrakt wird zuerst das weiße von Eiern geschlagen und der entstehende Schaum abgeschöpft. Dieses diente wohl der Trennung von Krümmeln, die mit dem Schaum gebunden werden. Der Extrakt wir nun über dem Feuer eingedickt. Hierzu wird er einen Tag lang auf kleiner Flame gekocht, durch Fießlappen filtriert und erneut gekocht und so zu einem Sirup eingedickt.

Eine Ausnahme ist das Löffelkraut. Dieses wird nur mit Wasser extrahiert: Hier kommen auf 12 Körbe Kräuter 20 Kannen Wasser, und es wird nur einmal ausgepresst.

 

Jeweils 2 Pfund von jedem Kräuterextrakt und jedem Pulver wird nach folgener Vorschrift zusammen gegeben. Die Pulver sollten vorher fein gemahlen werden.

 

a) die Kräuterextrakte werden gemischt und mit einer Kanne (im sächsichen Raum 0,94 Liter) Kornbrantwein und ein Nößel Wasser (1/4 Kanne) über dem gelinden Feuer 1h mit dem Reibholz verrührt.

b) 1,5 Pfund Terpentin wird erwärmt, zum Extraktgemisch gegeben und eine halbe Stunde miteinander verrieben

c) immer noch auf gelindem Feuer kommt das Pulver, über ca. 5 Stunden löffelweise hinzu

d) es entsteht eine Masse, diese wird herausgspachtelt und zu Broten geformt, insgesamt werden so zusammen 16 Pfund Masse hergestellt.

 

Zum Gebrauch des Mittels gibt Junker eher andeutende Erklärungen.

Es hilft bei gestörtem Stuhlgang und beim Harn lassen, verschafft Linderung von Schmerzen bei Monatsblutungen und führt allgemein zur Linderungen für Wöchnerinnen. Es hat reinigende Wirkung nach der Geburt.

Es sollten 20 Pillen, 2-3 pro Tag, auch in Milch aufgelöst, verabreicht werden. Der Balsam ist auch in der der Waisenhausapotheke vorrätig.

 

Anwendung der Wirkstoffe aus heutiger Sicht

 

Die Wirkstoffe im einzelnen betrachtet werden heute noch mit Ausnahmen als Heilmittel eingesetzt.

Jalappen-Wurzel

Als Anwendung wird ihr Einsatz bei chronischer Stuhlverstopfung genannt. In der Volksheilkunde wird sie auch bei Kolitis, Koliken, Dysenterien, Schmerzen im Darmbereich sowie gegen Rheumatismus eingesetzt. Da die Wirkung der Droge oft von krampfartigen Schmerzen begleitet ist, wird ihre Anwendung heute nicht mehr empfohlen.

Myrrhe Pulver

Die Heilkraft der Myrrhe, einem Harz von Commiphoren-Bäumen ist heute wissenschaftlich anerkannt. Die Inhaltsstoffe wirken in der Summe desinfizierend und adstringierend, also zusammenziehend auf die Schleimhäute. Arzneilich anerkannt ist Myrrhe in der Behandlung von leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Studien belegen eine antimikrobielle, fiebersenkende, schmerzstillende und entzündungshemmende Wirkung. Dies erklärt den traditionellen Einsatz von Myrrhe bei kleinen Wunden der Haut (auch kleinen Geschwüren), Erkältungen, Gelenkbeschwerden, Frauenleiden oder Parasiteninfektionen.

Bernsteinpulver

In der Volksheilkunde wurde das versteinerte Harz als Allheilmittel angewandt. Man sagte ihm desinfizierende und harmonisierende Kräfte nach, setzte ihn z. B. bei Verletzungen ein, indem man fein zerstoßenes Bernsteinpulver auf die offene Wunde streute. Darüber hinaus soll das Trinken von Bernsteinwasser Beschwerden bzw. Entzündungen im Magen-Leber- als auch im Galle-Darm-Bereich lindern.

Auch heute wird es äußerlich bei Verbrennungen, und bei schlecht heilenden Wunden eingesetzt. Das Pulver soll desinfizierend wirken und kann bei Allergien und Akne eingesetzt werden.

Wacholder

Die offiziell anerkannten Wirkungen des Wacholders bezieht sich auf zwei Anwendungsgebiete: Magen-Darmbeschwerden (Dyspepsie) und Erkrankungen der ableitenden Harnwege.

Erdrauch

Ein Tee aus „Erdrauchkraut“ hilft bei Verdauungsbeschwerden, insbesondere bei krampfartigen Beschwerden im Bereich der Gallenblase und der Gallenwege sowie des Magen-Darm-Traktes. Der Erdrauch als Heilpflanze kommt schon früh in der mittelalterliche Klosterheilkunde vor. Dort wurde er vor allem gegen Hautkrankheiten eingesetzt, aber auch als Stärkungsmittel und gegen Verstopfung angewendet.

Cardobenedicten,

wahrscheinlich ist das Bendediktkraut gemeint

Der Same und die Blätter werden in verschiedenen Krankheiten als eine heilsame Arzenei gebraucht. Ein Beispiel aus historischen Anwendung.

„es stillet das Grimmen, treibt die überflüssige Feuchtigkiet aus dem Magen der Mutter“ [[i]]

Heute werden die Extrakte aus Benediktenkraut gegen Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Blähungen empfholen. In Kombination mit anderen verdauungsfördernden Heilpflanzen – etwa Tausendgüldenkraut, Angelikawurzel und Wermut – kommen getrocknete Pflanzenteile des Krauts auch in Magen-Darm-Anregungstees vor.

Wermuth

Es weden die Zweigspitzen der blühende Pflanze (Absinthii herba) verwendet.

Als nachgewiesen gilt heute die Wirksamkeit zur Appetitanregung, bei Beschwerden des Verdauungstraktes, wie Gastritis oder Blähung, zur Anregung der Leberfunktion sowie bei krampfartigen Störungen des Darm- und Gallenwegbereichs. Die verdauungsfördernde Wirkung wird dabei auf die enthaltenen Bitterstoffe zurückgeführt.

Löffelkraut

ein landläufiger Name lautet auch Scharbockskraut.

..ist eine vortreffliche Arzney wider den Scharbock (Skorbut). Wenn man öfters die Blätter im Munde kauet, so hält es den Mund rein, und man ist sicher vor dem Scharbock

Wikipedia schreibt: Löffelkraut hilft gegen Frühjahrsmüdigkeit und Ermüdungen nach großen körperlichen Anstrengungen. Es soll blutstillend bei Blutungen im Mund- und Nasenraum wirken, der Tee der getrockneten Pflanze soll bei Gicht und Rheuma hilfreich sein. Löffelkraut gehörte zum Grundstock jeder Apotheke.

 

In den „Junkersche Balsam“ werden eine Vielzahl Kräuter und Pulver gemischt die auch heute noch faßt alle als Heilmittel in der Drogerie oder Medizin eingesetzt wird. Verschiedene Mittel wie die Myrrhe gewinnen wieder neue Einsatzfelder, andere wie das Scharbockkraut werden nur noch wenig verwendet, da das Krankeitsbild, der Vitaminmangel keine so wesentliche Rolle mehr spielt, die Jallapen Wurzel sind in ihren Nebenwirkungen zu stark für den Hausgebrauch.

 

Die Herstellung erscheint nicht besonders ungewöhnlich und besteht aus Extraktion, Filtration, Aufkonzentration und Verdickung. Die Sache mit dem Weißei (Flockation) als ein Prozeß zur Aufnahme von Verunreinigung durch Schaum an der Oberfläche ist wohl nicht mehr ganz so üblich.



[i] Daniel Schmidt, Das gemeinnützige Haus-Arzeneybuch zur Erkennung und Heilung der meisten im menschlichen Leben verkommenden Krankheiten: enthaltend eine Sammlung von Mitteln für fast alle Krankheitszufälle denen der menschliche Körper unterworfenist; nebst einer Beschreibung von dem Gebrauch der vornehmsten Kräuter; auch viele kunstreiche Stücke, Gedruckt und zu haben bey H.W. Villee, 1829 Seite 142